KI-AGENTEN

KI-Agenten

1. Was ist ein KI-Agent?

Ein KI-Agent ist ein softwaresystem, das seine Umwelt wahrnimmt, auf Basis dieser Wahrnehmungen handelt und damit ein bestimmtes Ziel verfolgt oder eine Aufgabe löst. Im Gegensatz zu einfachen Chatbots, die typischerweise auf eine einzelne Interaktion (Frage & Antwort) beschränkt sind, sind AI-Agenten für mehrstufige, komplexe Prozesse designed.

Der Kern eines modernen AI-Agenten ist ein Large Language Model (LLM) wie GPT-4, Claude oder Llama. Dieses LLM fungiert als „Gehirn“ des Agenten. Der entscheidende Unterschied ist, dass der Agent dieses Gehirn nutzt, um zu planen, zu entscheiden, Werkzeuge zu nutzen und Aktionen auszuführen, bis die übergeordnete Mission erfüllt ist.

 

2. Schlüsselmerkmale und Funktionsweise

AI-Agenten zeichnen sich durch mehrere Schlüsselmerkmale aus:

  • Autonomie: Sie arbeiten ohne ständige menschliche Intervention. Man gibt ihnen ein Ziel („Erstelle einen Marktforschungsbericht zu Unternehmen XY“) und sie erledigen die notwendigen Schritte selbstständig.

  • Wahrnehmung (Perzeption): Sie nehmen ihre Umwelt durch Dateninputs wahr. Das können Benutzeranfragen, das Lesen von Dateien, das Scrapen von Websites oder das Empfangen von API-Daten sein.

  • Aktion: Sie interagieren mit ihrer Umwelt, um Veränderungen herbeizuführen. Das kann das Schreiben von Code, das Versenden von E-Mails, das Aktualisieren einer Datenbank oder das Steuern eines Roboters sein.

  • Zielorientierung: Ihr Handeln ist auf die Erreichung eines messbaren Ziels oder die Maximierung einer „Belohnungsfunktion“ ausgerichtet.

  • Tool-Nutzung (ReAct-Pattern – Reason & Act): Dies ist das Herzstück moderner Agenten. Sie können externe Werkzeuge und APIs nutzen. Das Muster läuft oft so ab:

    1. Reason (Überlegen): Der Agent denkt darüber nach, welcher Schritt als nächstes kommt und welches Tool er benötigt.

    2. Act (Handeln): Er verwendet das Tool (z.B. eine Such-API, einen Rechner, einen Code-Interpreter).

    3. Observe (Beobachten): Er sieht sich das Ergebnis der Aktion an.

    4. Wiederholen: Dieser Loop wiederholt sich, bis die Aufgabe gelöst ist.

ki-agent-funktionsweise

 

3. Architektur eines KI-Agenten

Ein typischer Agent besteht aus mehreren Komponenten, die um ein zentrales LLM herum aufgebaut sind:

  1. Planungs-Engine (Orchester): Das LLM, das die Gesamtaufgabe in Teilaufgaben zerlegt und die Reihenfolge plant.

  2. Arbeitsspeicher (Memory):

    • Kurzzeitgedächtnis: Behält den Kontext der aktuellen Aufgabe und Konversation.

    • Langzeitgedächtnis: Speichert Informationen aus früheren Interaktionen in einer Vektordatenbank, um sich an den Benutzer und vergangene Ergebnisse zu „erinnern“.

  3. Werkzeugkiste (Tools/Actions): Eine Sammlung von Funktionen, die der Agent aufrufen darf (z.B. Web-Suche, Python-Code ausführen, DALL-E Bildgenerierung, API-Aufrufe).

  4. Aktions-Executor: Führt den beschlossenen Code aus oder ruft die APIs auf.

4. Anwendungsfälle (Use Cases)

AI-Agenten revolutionieren bereits jetzt viele Bereiche:

  • Persönliche Assistenten: Vollautomatische Terminplanung, Reisebuchung (Flug, Hotel, Mietwagen) basierend auf natürlichen Sprachbefehlen.

  • Forschung & Analyse: Automatisches Zusammenfassen von langen Dokumenten, Recherchieren im Web, Extrahieren von Insights aus Daten und Erstellen von Berichten.

  • Software-Entwicklung: „Software Engineers“ wie Devin können komplette Anwendungen von Grund auf planen, coden, debuggen und bereitstellen.

  • Customer Support: Agenten, die tatsächliche Probleme lösen (Passwort zurücksetzen, Bestellstatus prüfen, komplexe Rücksendungen einleiten) und nicht nur FAQs beantworten.

  • Prozessautomatisierung (RPA 2.0): Automatisierung von wissensbasierten Aufgaben wie Rechnungsverarbeitung, Datenübertragung zwischen Systemen und E-Mail-Klassifizierung.

5. Herausforderungen und Grenzen

  • Kosten und Latenz: Jeder „Denkschritt“ kostet Rechenleistung und Zeit. Komplexe Agenten können langsam und teuer im Betrieb sein.

  • Halluzinationen und Fehler: Das LLM kann falsche Schlüsse ziehen oder die falschen Tools auswählen, was zu fehlerhaften Ergebnissen führt.

  • Sicherheit: Der Zugriff auf mächtige Tools birgt Risiken (z.B. unerwünschtes Löschen von Daten, Versenden von Spam).

  • Steuerung („Alignment“): Es ist eine große Herausforderung, Agenten so zu steuern, dass sie die menschliche Intention genau verstehen und nicht auf unerwünschten Pfaden landen.

Tools und Plattformen für KI-Agenten

1. Low-Code/No-Code Automatisierungsplattformen

Diese Tools ermöglichen es, workflows und Agenten visuell zu bauen, oft ohne Code.

 

  • n8n: Sehr mächtige, open-source-freundliche Plattform. Perfekt, um verschiedene APIs (Google Sheets, Slack, Notion, Webhooks) zu verbinden und komplexe Automatisierungen zu bauen. Integriert oft LLMs für Entscheidungen innerhalb eines Workflows.

  • Zapier: Der bekannteste Player im No-Code-Automationsbereich. Bietet mittlerweile „Zaps“ mit KI-Schritten an, um z.B. OpenAI für Textzusammenfassung oder -generierung einzubinden.

  • Make (formerly Integromat): Ein sehr visueller und mächtiger Konkurrent zu n8n mit ähnlichen Funktionen.

  • Bardeen AI: Konzentriert sich stark auf Automatisierung im Browser (Web-Scraping, Automatisierung von Web-Apps) und integriert AI für Zusammenfassung und Klassifizierung.

  • Flowise: Visueller Open-Source-Builder für (Multi-)Agenten; Einsatzbereiche sind Chatbots, Multi-Agenten, RAG Workflows, Dokument-Handling; ideal für Entwickler, Produktmanager, Unternehmen mit Agentenbedarf
  • Langflow: Ideal für schnelle Prototypen und nicht-technische Nutzer (z. B. Produktmanager); Agenten, Multi-Agenten, RAG-Pipelines, Workflows, Deployment – alles dabei.
  • Relevance AI: eine führende Plattform, über die Unternehmen mehrere KI-Agenten als Team („AI Workforce“) erstellen und verwalten können, Zielgruppen: Fachnutzer, Citizen Developers, Business-Teams ohne Programmierkenntnisse; Anwendungsfälle: Sales, Marketing, Support, Forschung, Lead-Outreach, Dokumentenarbeit
  • Activepieces: ideal für Unternehmen und Teams, die visuelle Automatisierung mit KI-Unterstützung bevorzugen – ohne auf Programmierkenntnisse angewiesen zu sein. Stärken: Open-Source, erweiterbar, selbsthostbar, AI-ready, sicherheitsorientiert. Automatisierung in Bereichen wie Marketing, HR, E-Commerce, Finanzen, IT/DevOps u.v.m.

2. Agenten-Frameworks (für Entwickler)

Frameworks zum programmgestützten Erstellen eigener Agenten.

  • LangChain: Das bekannteste Framework. Bietet Bausteine (LLMs, Tools, Memory, Chains, Agents) um anspruchsvolle LLM-anwendungen zu entwickeln. Die „Agent“-Funktionalität ist hier zentral.

  • LangGraph (von LangChain): Ermöglicht die Erstellung von zustandsbehafteten, zyklischen Agenten-Workflows (genau das ReAct-Pattern), die komplexere Aufgaben besser handhaben können.

  • LlamaIndex: Spezialisiert auf die Erstellung von „Wissensagenten“ über eigene Daten (Dokumente, Datenbanken). Perfekt für RAG (Retrieval-Augmented Generation)-Anwendungen, die ein Agent nutzen kann.

  • AutoGen (Microsoft): Ein Framework zum Erstellen von Multi-Agenten-Systemen, in denen mehrere KI-Agenten miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten, um ein Problem zu lösen (z.B. ein Programmierer, ein Tester und ein Product Manager).

  • CrewAI: Baut auf der Idee von Multi-Agenten-Systemen auf und bietet eine hochabstrahierte Möglichkeit, Teams von Agenten mit Rollen, Zielen und einer Prozessbeschreibung (wer arbeitet wem zu) zu erstellen..

3. Vollständige Agenten-Plattformen („AI-Agent-as-a-Service“)

Plattformen, die vorgefertigte Agenten oder sehr einfache Oberflächen zu deren Erstellung anbieten.

  • GPTs (OpenAI): Über den ChatGPT Store kann man eigene, einfache Agenten erstellen, die mit festgelegten Anweisungen, Wissen aus hochgeladenen Dateien und integrierten Fähigkeiten (Web-Suche, Code-Interpreter, DALL-E) ausgestattet sind.

  • Microsoft Copilot Studio: Ermöglicht das Erstellen von eigenen Copiloten (Agenten), die Daten mit dem Microsoft Graph verbinden und komplexe Geschäftsprozesse automatisieren können.

  • BabyAGI / AutoGPT: Die ursprünglichen Pioniere der Idee. Sie sind eher Referenzarchitekturen/Beispiele, die die Möglichkeiten aufzeigten, und weniger „out-of-the-box“ Produkte.

4. Spezifische Agenten-Tools

  • Devin (von Cognition): Beworben als der erste autonome AI-Software-Ingenieur, der komplette Entwicklungsaufgaben übernimmt.

  • E2B: Bietet eine sichere Sandbox-Umgebung, in der AI-Agenten Code ausführen können – eine essentielle Infrastrukturkomponente für viele Agenten.

Wahl des richtigen Tools

Die Wahl des richtigen Tools hängt stark von der Use-Case, den technischen Fähigkeiten und dem Budget ab. Für schnelle Automatisierung zwischen Cloud-Apps sind n8n/Zapier ideal. Für die Entwicklung maßgeschneiderter, intelligenter Agenten sind LangChain/LangGraph der Industriestandard.

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